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Fahrwerk – Erfolgsfaktor fürs autonome Fahren

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Tags: AutonomesFahren, SeeThinkAct, Connectivity
Dr. Peter Holdmann, 23. Juli 2019
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Dr. Peter Holdmann ist Leiter der Division Chassis Solutions bei ZF.
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Das Fahrwerk spielt eine entscheidende Rolle für den Erfolg autonomer Fahrzeuge. Davon bin ich fest überzeugt. Denn es geht längst nicht nur darum, wie das autonome Fahren technisch umgesetzt werden kann – sondern vor allem um die Akzeptanz. Zunächst ist diese bei Gesetzgebern gefragt, die entsprechende Rahmenbedingungen schaffen müssen. In letzter Instanz entscheiden jedoch die Endanwender, ob sie autonome Fahrzeuge oder Fahrdienste annehmen oder nicht.

Diese Entscheidung beeinflussen nicht nur Sicherheitsfragen und Kosten, sondern vor allem, wie wohl sich die Passagiere unterwegs fühlen und ob sie die gewonnene Zeit sinnvoll nutzen können. Und das hängt ganz wesentlich mit dem Fahrkomfort, dem Fahrverhalten und somit dem Fahrwerk zusammen. Gerade Passagiere, die nicht selbst aktiv ein Fahrzeug steuern, nehmen Unterschiede im Fahrkomfort umso stärker war.

Kernziel: Fahrzeugaufbau von Fahrdynamik entkoppeln

Wer im Auto konzentriert arbeiten, lesen oder einen Film schauen möchte, den werden Aufbaubewegungen etwa infolge von Schlaglöchern, Bodenwellen oder Kurven extrem stören. Das gilt insbesondere für diejenigen, die unter der Reisekrankheit leiden, auch bekannt als Motion Sickness oder Kinetose. Mit unserem Fahrwerkkonzept „Flying Carpet 2.0“, das wir jüngst internationalen Medienvertretern präsentiert haben, schaffen wir schon heute die Voraussetzung, um die automatisierten Fahrzeuge der Zukunft tatsächlich als rollende Wohnzimmer oder Büros nutzen zu können. Das Konzept verbindet aktive Dämpfungs-, Brems- und Lenksysteme. Es vernetzt fortschrittliche Sensorik, eine smarte Steuerung sowie intelligente Aktuatorik und kann alle Längs-, Quer- und Vertikalbewegungen des Fahrzeugs vollständig kontrollieren. Auf diese Weise können wir die Insassen nahezu völlig von störenden Fahrzeugbewegungen entkoppeln. Herzstück des Systems ist das vollaktive Dämpfungssystem sMOTION, das mit vier Aktuatoren das Ein- und Ausfedern radindividuell jeder Fahrsituation und Straßenbeschaffenheit anpasst. Hinzu kommt unsere aktive Hinterachslenkung AKC, eine Steer-by-Wire-Servolenkung und das aktive Bremssystem IBC. Die Schaltzentrale des Konzepts bildet das Steuerungssystem CubiX, das die aktiven und semiaktiven Aktuatoren miteinander vernetzt und zentral steuert. Durch die optimale Vernetzung ergeben sich neue Funktionen, mit denen wir den Komfort, die Dynamik und die Sicherheit des Fahrzeugs steigern können. Wir machen das Fahrzeug fit für den autonomen Stadtverkehr der Zukunft.

Daten ermöglichen umfangreiche Funktionsentwicklung

Ein maßgeblicher Treiber bei der Fahrwerksentwicklung und Funktionsapplikation für das vollautomatisierte und autonome Fahren ist die Digitalisierung. Ich denke da vor allem an den Ausbau der Sensorik und die Vernetzung. So lässt sich grundsätzlich jedes Auto weltweit als Sensor nutzen, um Fahr- und Straßendaten zu erfassen. Die Daten, die hierbei entstehen, können wir für prädiktive Funktionen nutzen. Liegen Daten über den vorausliegenden Straßenzustand vor – etwa Bodenwellen oder Schlaglöcher – können damit beispielsweise bereits vor Erreichen dieser Stellen Steuerungsstrategien für unser vollaktives Dämpfungssystem sMOTION eingeleitet werden.
Die Herausforderungen, die das autonome Fahren an uns Fahrwerkentwickler stellt, sind groß. Ebenso ist es aber auch die Bandbreite an Daten und somit an Steuerungsfunktionen, die wir entwickeln können. Persönlich freue ich mich, dass ich diese Epoche miterleben und mitgestalten darf.
„Wer im Auto konzentriert arbeiten, lesen oder einen Film schauen möchte, den werden Aufbaubewegungen etwa infolge von Schlaglöchern, Bodenwellen oder Kurven extrem stören.“

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