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Verkehrssicherheit global verbessern

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Tags: #MobilityLifeBalance, Sicherheit, NullUnfälle
Bei der Sicherheit auf den Straßen der Welt gibt es gravierende Unterschiede. Die Vereinten Nationen mahnen, dass 80 Prozent der Fahrzeuge weltweit nicht einmal den einfachen Sicherheitsstandards entsprechen.
Friederike Pater, 01. Juli 2019
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Friederike Pater ist studierte Journalistin und schreibt – nicht nur über die automobilen – Tech-Trends von morgen. Auf ihren Reisen sammelt sie Eindrücke aus aller Welt und lässt sich zu neuen Geschichten inspirieren.
Es passiert in Sekunden. Die Ampel an der Kreuzung springt auf Grün, der Lkw blinkt rechts, biegt ab – und erfasst den Fahrradfahrer, der neben ihm im toten Winkel losgefahren ist. Nur eines von vielen Unfallszenarien, die oftmals tödlich enden. Durchschnittlich alle 23 Sekunden kommt auf den Straßen dieser Welt ein Mensch ums Leben. Darauf weist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem „Global Status Report on Road Safety 2018“ hin. Wie dramatisch die Situation ist, zeigt ein Live-Countdown auf der Website der WHO. Er zählt die Sekunden bis zum nächsten Verkehrstoten herunter und addiert diesen zur Zahl der bereits Getöteten. Im Jahr 2016 betrug die Zahl der weltweit im Verkehr Getöteten 1,35 Millionen Menschen, ein Anstieg von 100.000 Opfern innerhalb der letzten drei Jahre.

Noch immer mangelndes Sicherheitsbewusstsein

Insbesondere in Ländern mit geringem Durchschnittseinkommen steigt die Zahl der Verkehrsopfer weiter. Obwohl dort nur ein Prozent des globalen Pkw-Bestandes auf den Straßen unterwegs ist, sind dort 13 Prozent aller weltweiten Verkehrstoten zu beklagen. Die Gründe dafür: mangelnde Gesetze, unzureichende Infrastruktur, unzureichende Verkehrserziehung und fehlende Sicherheitsstandards bei den Fahrzeugen. „Wir wissen, was ein gutes Gesetz ausmacht. Dieses Wissen müssen wir mit anderen Ländern teilen, die weniger umfangreiche Regulierungen haben. Doch Gesetze zu haben, reicht nicht aus – sie müssen auch umgesetzt und von den Menschen berücksichtigt werden“, erklärt Etienne Krug. Er ist Leiter der Abteilung „Management of NCDs, Disability, Violence and Injury Prevention“ bei der WHO.
Eine wichtige Rolle für mehr Sicherheit spiele auch die Verkehrserziehung, die das Risikobewusstsein schärft. Gurt anlegen und Helm aufsetzen sind in vielen Ländern noch längst keine Gewohnheit. Oft sind auch Eltern schlechte Vorbilder. Kampagnen zur Verkehrserziehung in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen weltweit wollen diesen Missstand abstellen. Wie gut selbst einfache Sicherheitsmaßnahmen wirken, belegt eine Aussage des WHO-Reports: Das Anlegen eines Gurtes senkt demnach bei Fahrer und Beifahrer das Risiko zu sterben um 45 bis 50 Prozent.
„Ich bin optimistisch, dass die Länder anfangen werden, mehr zu unternehmen – denn es ist menschlich und wirtschaftlich gesehen absolut sinnvoll. Vor allem das Thema Prävention wird immer wichtiger werden.“
Etienne Krug, Leiter der Abteilung „Management of NCDs, Disability, Violence and Injury Prevention“ bei der WHO

Mehr Sicherheit durch verbesserte Infrastruktur

Mehr als die Hälfte aller Todesopfer in einkommensschwachen Ländern sind Fußgänger, Fahrrad- oder Motorradfahrer. Eine verbesserte Infrastruktur kann die schwächsten Teilnehmer des Straßenverkehrs schützen: Sicherere Straßenübergänge, Ampeln, Fahrradwege oder auch verkehrsberuhigende Maßnahmen sind ein Muss. Ist die Verkehrsinfrastruktur überlastet, wie in der indischen Millionen-Metropole Mumbai, können auch Shuttles nach dem Prinzip Mobility-as-a-Service (MaaS) helfen, das Unfallrisiko zu senken und den Verkehr flüssiger zu halten.
Der konsequente Einsatz von Sicherheitssystemen kann helfen, solche Situationen zu vermeiden.

Fahrzeugsicherheit weltweit anheben

Es gibt noch weit mehr Stellschrauben, an denen die Verantwortlichen für mehr Verkehrssicherheit drehen können – und müssen. „Dazu zählen neben der medizinischen Versorgung nach einem Unfall die Infrastruktur, das Verhalten der Verkehrsteilnehmer sowie die Qualität der Fahrzeuge“, so Krug. Fahrzeuge, die in 80 Prozent aller Länder verkauft werden, böten nicht einmal die Basis-Sicherheitsstandards. Das „UN World Forum for Harmonization of Vehicle Regulations“ empfiehlt sieben Fahrzeugsicherheitsstandards. Sie bestehen aus aktiven und passiven Systemen, einschließlich elektronischer Stabilitätskontrolle, Front- und Seitenaufprallschutz sowie Frontschutz für Fußgänger. In nur 40 Prozent der Länder – in erster Linie solche mit hohem Durchschnittseinkommen – sind alle sieben Standards umgesetzt. Die Kampagne Stop the Crash zeigt deshalb den nationalen Entscheidern in rückständigeren Ländern die Leistungsfähigkeit von Sicherheitssystemen durch Fahrdemonstrationen.
23 Sekunden
Statistisch gesehen stirbt alle 23 Sekunden irgendwo auf der Welt ein Mensch im Straßenverkehr

Mit Fahrerassistenzsystemen zu „Vision Zero“

Ausgeklügelte Systeme sind in Europa längst eine Zulassungsvoraussetzung. Mit durchschnittlich 49 Straßenverkehrstoten pro eine Million Einwohner sind die europäischen Straßen die mit Abstand sichersten weltweit. Dennoch wird die Europäische Union ihr Ziel verfehlen, die Zahl der Unfalltoten im Verkehr bis nächstes Jahr zu halbieren. Langfristig ist die „Vision Zero“ angepeilt: Bis 2050 soll die Anzahl der Getöteten und Schwerverletzten bei nahezu null liegen. Dazu verfolgt die EU den „Safe System Approach“. Er sieht vor, ein Straßenverkehrssystem zu entwickeln, das menschliche Fehler besser ausgleichen kann. Große Hoffnungen richten sich dabei auf Fahrerassistenzsysteme (FAS) wie vorausschauende Notbremsassistenten, intelligente Geschwindigkeitsbegrenzer und Tote-Winkel-Assistenten.
Automatisierte Assistenzsysteme und autonomes Fahren können in den kommenden Jahrzehnten zu einem wichtigen Schlüssel für einen Verkehr ohne schwere und tödliche Unfälle werden. Ziel ist, dass vernetzte Fahrzeuge – ausgestattet mit künstlicher Intelligenz und enormer Rechenleistung – Verkehrssituationen erkennen und richtig entscheiden.

#MobilityLifeBalance

Mit einer Initiative stellt ZF den Menschen in den Mittelpunkt von Mobilitätsangeboten und zeigt Lösungen, wo und wie dies am besten gelingt.

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